Wie bewusst ist „Blockupy“?

Vom neuen Blockupy-Aufruf war folgendes zu vernehmen:

Was passiert am 1. März?

Je nach den lokalen Bedingungen vor Ort wird der 1. März 2016 ein Tag mit dezentralen und koordinierten Aktionen und Streiks sein, an dem reguläre Produktions- und Reproduktionsabläufe gestört werden. Es wird versucht, einen Austausch zwischen verschiedenen Arbeitsrealitäten herzustellen, die oftmals versteckten Ausbeutungs-bedingungen sichtbar zu machen und das Grenzregime sowie Institutionen anzugreifen, die Mobilität und Prekarität regulieren.“

Hier versteht niemand etwas von: Nicht mal jene Akademiker, die diesen Aufruf verfasst haben und dementsprechend auch nicht zur erhofften „streikenden“ Zielgruppe gehören.
Mir fallen einige Dinge spontan auf: Warum sollte man die „Reproduktion stören“?

  1. „Reproduktion“ machen alle, auch wenn sie zum Fußball gehen, sich selbst autodidaktisch Kenntnisse aneignen oder sich von der Lohnarbeit erholen. Haushalt, Urlaub und Feierabend sind Bereiche der Reproduktion. Diese „stören“ zu wollen ist bestimmt keine sympathische Handlung, weil das (eventuell) dahinterstehende Bewusstsein, dass Reproduktion nur die andere Seite der Leistungs-Medaille ist, wird hier ja mangels erhellender Erklärungen nicht vermittelt.
  2. „Stören“ – das Wort ist Autonomenjargon und wird von studentischen Fun-Demonstranten benutzt, die sich einbilden eine Gerichtsverhandlung wegen ihrer aus Naivität unternommenen Handlungen zu „stören“, in dem sie ihre Kumpels dazu einladen und ab und an den Richter anjohlen, der sie dann väterlich ermahnt. Dieses in der linken Szene benutzte Wort „Stören“ heißt nichts anderes als:
    „Wir haben keinen Plan und überdecken unsere Ziellosigkeit mit einem rigorosen Verhalten und einer pseudo-rebellischen Wortwahl.“
    In Wahrheit sieht es so aus: Die kapitalistische Herrschaft des Bürgertums ist das was „stört“. Ihr entgegen gerichtete, sie lindernde oder beseitigende Bewegungen müsse nicht primär „stören“, sondern müssen „ent-stören“. Es geht darum die Produktion von bspw. nur im Kapitalismus „denkbaren“ Widersprüchen zu ent-stören, wie „Überproduktion“ oder der Form der lediglich profitorientierten „Rationalisierung“. Kurzarbeit, Zeitarbeit, Lohnarbeit überhaupt – das sind Störungen des selbstbewussten Lebensweges, weil hier andere darüber entscheiden, wie der persönliche Alltag aussieht und nicht das Selbst der Person. Das „stört“ die Entfaltung der Persönlichkeit. Bis in die durch die Verhältnisse verletzte Seele hinein geht es um: „ENT-STÖREN“!

Die Vorhaben sind alle von außen her formuliert. Blockupy hat die gewerkschaftliche Arbeit unterschlagen und steht nun außerhalb der Betriebe und ruft:
„Hey, ihr da! Macht mal!“
Aber das wird nichts, denn die Sprache bspw. des Aufrufs gelangt nicht zu den Leuten, die da in den Betrieben aufgerufen werden. Wenn man was bewegen will, muss man seine Stellung in dem Betrieb wählen, in dem man die Arbeiter erreichen will. Das geht nicht von außen, sonst wäre es eine Aufforderung zum Gehorsam, von oben herab quasi. Das wäre nichts weiter als nur eine weitere zentralistische „Störung“ in der Farbe links. Es bleibt äußerlich, von wo aus auch die Herrschenden ins Leben der Menschen pfuschen, in dem es durch das Eigentum an Produktionsmitteln und Land den anderen, ärmeren, vorschreibt, dass und wie sie Geld zu verdienen haben.
Nein, so ein Aktionstag, am Werkhof vorbei, dazu aufrufend, dass die Leute hinterm Zaun etwas tun sollen, ist nicht der Weg. Diese Traumvorstellung entsprich dem rigorosen, zielunklaren Denken der Linken und wird nie Früchte tragen, die nur daraus bestehen können, das Bewusstsein der Menschen zu entwickeln. Das geht nur von Innen heraus, als engagierter einzelner Kollege / Kollegin oder als organisierte Gewerkschaft mit langem, langem, langem Atem. Und einem Plan B. Hier bei Blockupy gibt es keinen Plan B. Es gibt auch kein Ziel.
Ein Ziel wäre beispielsweise so entwickelbar:

Ein Fan von Rudolf Rocker’s „Die Entscheidung des Abendlandes“

Man schreibt in den Aufruf welche Lebensbedingungen „stören“ und davon ausgehend, aus dem Heute, entwickelt man ohne linke und szenige Phraseologie bspw. die Möglichkeit syndikalistischer Gewerkschaften und was diese für Vorteile bieten – oder Kollektivbetriebe, und wie diese in der Lage sind, die Lebensumstände zu entstören. Was haben die Leute konkret davon, ihr Leben in dieser oder jener Art und Weise zu ändern? Wo ist die Perspektive – all diese Fragen bleiben uns Linke, Rechte und der Brei dazwischen schuldig, weil sie darauf selbst keine Antworten haben. Statt dessen stehen an der Stelle wo eigentlich der Ausblick oder eine Art Weltbild kommen sollte, hohle Phrasen.
Denkbar, praktisch und handfest wären föderalistische Kommunen oder auch solidarische Landwirtschaft – dazu kann man aber nicht in Demoform aufrufen, sondern diese müssen sich aus bewusst eingegangener Zwischenmenschlichkeit aus dem Lebensumfeld ergeben. Politische Verbindungen zwischen Menschen, „gemeinsame“ Sympathie abstrakten Schlagworten gegenüber, ist keine Zwischenmenschlichkeit und trägt auch keine Unternehmungen, wie einen kollektiven Betrieb.

„Prekarität“ und „Mobilität“ – was sollen diese Worte bedeuten, in einem allgemeinen Aufruf? Versteht doch kein Schwein. Ich bin gerne mobil, aber ich werde nicht gerne hin und hergeschickt. Was ist jetzt mit dem Wort gemeint?
Außerdem sind es nicht einzelne Institutionen, die diese wirtschaftlichen Umstände schaffen, sondern ein ganzes Denken – dieses Denken, diese Bewusstseinslosigkeit kann nur mit der Schaffung von Klassenbewusstsein und es transportierender bzw. plastisch darstellender beispielhafter Unternehmungen geschaffen werden. Also Unternehmungen ohne Klassenbildung und dafür mit Eigenverantwortung und Selbstständigkeit – Eigeninitiative, Gegenseitigkeit, Wille, Persönlichkeit, Kultur! Aber diese schönen Begriffe bleiben Schäume, gibt man ihnen nicht das lebenswichtige, wirtschaftliche Fundament der Lebensbedürfnisse der Menschen.

Und dann noch zum „Streik“:

Wer glaubt, die streikfeigeste Arbeiterklasse der Erde würde aufgrund eines links-idyllischen Aufrufes ihre Beteiligung an „transkontinentalen Streiks“ einbringen… mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen. Es gehört lange, lange gewerkschaftliche Arbeit zur Vorbereitung eines Streiks in Deutschland – man muss präsent sein, man muss selbst für seine Ziele im Betrieb einstehen. Und: Man muss unbedingt zielklare Vorstellungen haben, denn gestreikt haben ja schon einige, aber was ist mit dem Gewonnenen oder dem Verlorenen geschehen? Wurde nach einem Sieg die Basis ausgebaut? Wurden Fehler nach einer Niederlage offen auf den Tisch gelegt?

Das Prinzip, welches hinter der Arbeit von Blockupy steckt, ist das der „politischen Multiplikation“ – ein zentralistisches Prinzip der Herrschaft: Ein Politiker, der herrscht, kann multipliziert werden auf diejenigen die ihm gehorchen. Seine Meinung (ver-) führt die nicht selbst denkende Masse.
Die Blockupy-Bündnis-Partner denken sich anscheinend, dass sie dieses Prinzip „für ihre Zwecken nutzen können“ – in Wahrheit entleert es ihr Anliegen und macht es zu einem neuen zentralistischen Akt der „Störung“ – nicht der „Störung“ der Ideologie der Herrschaft bzw. „Störung“ der Macht, sondern zur „Störung“ des Lebens derer, die sowieso schon gestört werden.
Zur Ent-Störung gehört der Abbau von Gehorsam. Deswegen ist das ganze Fundament dieser Demonstration und Aktion marode: Und zwar, weil es Denkmustern folgt, die es vorgibt zu bekämpfen und davon nichts merkt.
Man baut Gehorsam nicht ab, bzw. Freiheit in Eigenverantwortung auf, indem man davon redet / es auf einer Demo skandiert… mit der Vorstellung, dass das dann, weil man so toll ist, ganz viele nachmachen.

Man macht es zum Einen politisch den großen Herren und Damen im Parlament nach, man „ermächtigt sich der Sraße“ (als ob das was zu bedeuten hätte!) und skandiert, was andere zu Taten verleiten soll, also man fordert Gehorsam von Nicht-Anwesenden und zum anderen lässt man aufgrund des Kraftaufwandes für politische Äußerungen in Demo-Form die betriebliche, gewerkschaftliche, wirtschaftliche Ebene weg. Blockupy begnügt sich hier der Aufrufe, wo Taten sprechen müssten: Und zwar selbstverantwortlich und in basisdemokratischer Eigenregie geführte Betriebe, ebenso organisierte Gewerkschaftsorganisationen und zahlreiche andere Projekt sind denkbar – dem gegenüber steht ein breiiges, links-politisches Nichts – reine Augenwischerei.

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5 Kommentare

  1. Nasij

     /  März 11, 2016

    Man spielt sich als moralisch Überlgener Retter der Welt auf und hat mit dieser aber überhaupt nichts zu tun. Is ja eigentlich fast immer so. Um sich richtig gehend engagieren zu können muss man halt mit den Lebenssituationen die man verbessern will auch befassen und sie selbst erleben. Die Ungezieltheit und Perspektivlosigkeit die du nennst, ist tatsächlich eins der größten Probleme. Das Alternative ist schon lang einer Tradition gewichen, die keine Bewegung mehr erfährt. Der Gedankenstrom ist zum Sumpf geronnen. Der Aufruf zum „stören“ ist eine Ohnmachtsbekundung.

    Wenn man etwas nur als Gegenbewegung betrachtet wird man Teil von ihm. Die Opposition ist immer abhängig von ihrem systematischen Gegenstück.
    Und zwischen den Fronten werden die Menschen hin und hergeschickt.

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    • Das seh ich ähnlich. Beim Begriff des Engagierens bin ich immer skeptisch. Die beste soziale Bewegung ist jene, die es versteht sich auf der Basis der persönlichen Bedürfnisse zu errichten. Deshalb verlangt es gar kein „Engagement“ im engeren Sinne, in dieser Bewegung „aktiv“ zu sein, sondern die „Bewegung“ wird Teil des einzig sinnvollen Lebenswandels: Nach den eigenen, menschlichen Bedürfnissen – wobei hier kein Individualismus mit gemeint ist, sondern die Bedürfnisse der Person, jene der Gesellschaft einschließen und garantieren.
      Aber das alles zu erkennen führt noch nicht weit. Wir brauchen handfeste Wege aus diesem Dilemma heraus. Und ich sage bewusst „wir“, weil das Problem der absurden Lebensführung alle Gesellschaftsschichten durchzieht und wirklich alle Menschen darunter leiden, nicht nur die untersten Schichten. Die Verletzungen gehören in den oberen Schichten zwar zum guten Ton (Herrsch- und Besitzsucht bspw.) aber dennoch haben sie keinen beglückenden Einfluss auf ihre Träger. Und das Problem bei der Existenz dieser Träger ist nun mal alle betreffend, die von ihnen aufgrund dieser Verletzungen ausgebeutet werden, sich aber aufgrund ihrer eigenen Verletzungen ausbeuten lassen.
      Insofern sprechen wir globale Probleme an, die sich nicht nur auf die sozialen Bewegungen beschränken – es müssen Wege des Fortschritts aus dieser Situation führen, sonst bedeutet diese Stagnation des menschlichen Lebens nur Zerstörung – Kriege, Depressionen und andere Dingen geschehen dann, weil die Herrschenden in so einem Fall ebenfalls von Panik ergriffen zu einer potenziert krankhaften Gewinnschöpfung zuflucht nehmen, wie sie das zur Zeit des Ersten und Zweiten Weltkrieges getan haben.
      Aber es geht um viel mehr, als nur um die Vermeidung dieser kriegerischen, genozidalen Tendenzen in der Geschichte der Herrschaft, es geht darum, aus den bereits gemachten Fehlern zu lernen und beim nächsten Anlauf nicht nur Erfolge bei dem Erreichen alter Ziele zu haben – Sozialisisierung der Wirtschaft bspw. – sondern noch weit darüber hinaus zu greifen, um einen Rückfall zu verhindern.
      Nicht das Erringen besserer Gesellschaftszustände alleine zählt, sondern auch ihre Festigung im Bewusstsein und Gerechtigkeitsgefühl möglichst jedes Einzelnen sind von immenser Bedeutung für die Stabilität freierer, gerechterer Gesellschaftsverfassungen.

      Lange Rede kurzer Sinn: Was sind deine Alternativen zur abstrakten, appellierenden politischen Arbeit, bzw. zu perspektivloser linker Propaganda?

      Wo würdest du für dich Wege der Betätigung erblicken, die nicht von dir verlangen Asket zu sein, sondern die du mit deinen eigenen Bedürfnisen in Einklang bringen könntest?

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  2. Nasij

     /  März 15, 2016

    Man muss sich seinen Einflussbereich klar machen, also den Teil der Gesellschaft in dem man sich befindet.
    Im engeren Kreis sein Umfeld, im größeren der Teil der Kultur, des Kontinents und schließlich muss man sich klar werden das man auch Teil der Weltbevölkerung ist.
    Dann muss man sich als aktiven Teil dieser Gesellschaft betrachten, dass bedeutet zu kommunizieren, sich nicht zu trennen von den Menschen die einen umgeben. Allein diese Schritte schon helfen ungemein. So erlangt man unentwegt neue Erfahrungen die Verbinden, denn nur durch Trennung kommt es zu Diskriminierung. Begreift man sich als Teil der Gesellschaft wird man gleichzeitig auch Teil der Missstände. Damit befindet man sich in einem anderen Mindset mit denen man gegen sie angeht. Sie sind nicht abstraktes Feindbild und „Die Anderen“ sondern Teil des eigenen Problems. Man muss sich bemühen den Alltag anderer zu teilen, sei es beim Job oder beim Einkaufen. Deswegen ist es zum Beispiel nützlich schon in verschiedenen Bereichen gearbeitet zu haben.
    Ich denke so lernt man auch eine Menge über sich selbts, da man sich ja in der Gesellschaft reflektiert findet. Ein Mensch der sich gegen die Isolation entscheidet und unter Menschen jeglicher couleur lebt ist durch seine Ausstrahlung allein ein Gewinn.

    Aktiv betätigen um dieses Ziel zu erreichen kann man sich überall. Wenn man sich einmal auf der Straße umschaut sieht man innerhalb von 30 min. bestimmt mind. eine Person die Hilfe gebrauchen kann. Es ist meist gar nicht notwendig diese auch zu leisten sondern sie anzubieten ist auch schon ein weg, dass sich eine andere Person nicht ausgeschlossen fühlt.
    Wenn man seine Hilfe beim Tragen schwerer Gegenstände, beim Übersetzen, beim Bestellen usw. anbietet kommt man ins Gespräch und verbindet sich. Oder man überspringt diese Art der Hilfe und landet direkt beim Gespräch, sich angenommen oder beachtet fühlen ist Mangelware für viele Menschen.
    So ist es meist gar nicht nötig einer bestimmten Organisation anzugehören um Hilfe zu spenden.

    „Wo würdest du für dich Wege der Betätigung erblicken, die nicht von dir verlangen Asket zu sein, sondern die du mit deinen eigenen Bedürfnissen in Einklang bringen könntest?“

    Man muss seine eigenen Bedürfnisse pflegen, ansonsten wird man asozial und sind die eigenen Bedürfnisse asozial haben sie meist eigentlich einen anderen Ursprung so sehe ich das. Ich denke jeder Mensch möchte angenommen, akzeptiert und respektiert werden. Manche öffentlicher, andere weniger öffentlich, wenige vielleicht unter ausschluss der Öffentlichkeit ;).
    Auf Andere um einen herum zu achten ist denke ich eine Betätigung die viele Bedürfnisse des Menschen erfüllt, denn sie sind nicht genuin egoistischer Natur.
    Ich würde sagen man braucht eine Beschäftigung, etwas bei dem man schaffen kann und die wenigsten machen das nur für sich, entweder wollen sie Bestätigung, Anerkennung, die Freude oder den Nutzen von anderen Menschen für das/an dem was sie geschaffen haben.
    Bei allem was man tut muss man versuchen sich möglichst vorbildlich zu verhalten um sich positiv auf andere auszuwirken und es gibt 1000 Wege das zu tun, nicht nur den des Idealfalls.
    Ich würde sagen man muss sich eine Arbeit suchen, auch wenn sie einem nicht unbedingt gefällt und das Lohnsystem einfach falsch ist. Dort kann man aber darauf hin arbeiten diese zu verändern und sie für andere auch zu verbessern. Stößt man an seine Grenzen und kann trotz der Unterstützung seiner Kollegen nichts erreichen muss man sich entscheiden ob man darin fort fährt oder in ein anderes Berufsfeld o.Ä. überwechselt. Natürlich kann man auch selbst Strukturen aufziehen die den Menschen eine Betätigung erschaffen die ihre individuellen Bedürfnisse befriedigt z.B. die von dir erwähnten Kollektivbetriebe, in denen man um ein vielfaches dynamischer Handeln kann.
    Man hat schließlich selbst das Potential und auch die Möglichkeit Verbesserungen durchzuführen und sei es nur im Umgang mit den Kollegen.

    Von daher: Zieh die Anderen nicht runter sondern haltet euch Zusammen oben und richtet euch auf. Macht euch frei von allem was zwischen den Menschen steht. Besitz und Glaube, Codex und Rolex 😀

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    • Jetzt rappt er auch noch 😉
      Ja, finde ich eine interessante Antwort – Dankeschön!
      Ich muss nur sagen, dass es sehr allgemein gehalten ist – und mir behagt „die Organisation, die unwichtig ist“, nicht so sehr, denn sie sollte Teil und quasi Veredelung und bewusster Wille der gegenseitigen Hilfe sein: In einer Organisation soll all das, was du angesprochen hast, kulminieren und bewusst sein, allen die drin sind. Dadurch soll sie als positiver Multiplikator dienen. Sie muss natürlich so beschaffen sein, dass das geht und dass es nicht in Politik oder Gehorsam / Verantwortungsdelegation endet.
      Das mitmachen können für Außenstehende ist ganz wichtig – aber auch die Aufmaerksamkeit darauf, wie diese Außenstehenden drauf sind. In anarchistischen organisationen wird blauäugig wie sie sind, nie darauf geachtet, so dass Charaktere auf einanderprallen, die gar nicht harmonieren und das ganze was dann geschieht, wird völlig falsch als politischer Skandal aufgebauscht. Letztendlich geht es dann immer um Vorwürfe „Du hast Durruti beleidigt!“, „Du bist ein Sexist!“, „Du verherrlichst ganz böse Gewalt“ – aber es geht um Zwischenmenschlichkeit, die oft mit Politik verwechselt wird, à la diesem dummen Spruch „auch das Private ist politisch“. Aber das geht jetzt zu weit in die Richtung, welche Fehler der Vergangenheit eine zukünftig gesunde und funktionelle Organisation haben sollte, um seriös wenigstens zu wirken…
      Zurück zur Frage der Betätigung:
      1.Was hälst du von dem Konzept der „Solidarischen Landwirtschaft“? Gibt es sowas bei dir? Wäre das eine Sache, in der du dich einbringen würdest?
      2. Was hälst du von der Idee einer Gewerkschaft im selbstorganisierten, klassenbewussten Sinne?
      3. Was denkst du genauer vom Kollektivbetrieb? Wie stellst du dir sowas vor – weniger allgemein, wie müsste das Arbeiten deiner persönlich Situation gemäß sein?

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      • Nasij

         /  März 15, 2016

        zu 1. : Die SoLaWi ist etwas was mir gut gefällt; Nahrung und ihre Produktion ist unbestreitbar etwas was uns Alle angeht und mit dem sich jeder beschäftigen sollte. Die solidarische Landwirtschaft versucht eine Brücke zu schlagen zwischen Produzenten und Konsumenten. So wird Wissen und Bedürfnisse kommuniziert und ausgetauscht und somit Verständnis und Verständigung geschaffen, was in allen Bereichen vorteilhaft und in diesem im Besonderen wichtig ist. Als positiven Punkt sehe ich vor allem, dass durch sie das festgefahrene der Wertezuschreibung gelockert wird. Durch die Solidarbeiträge ist nicht einer gewissen Menge Nahrung ein Geldbetrag zugewiesen. Ich denke man könnte die Motivation zur Mitarbeit noch etwas ausweiten.

        Zu 2.: Leider habe ich noch keine Erfahrung in der Gewerkschaftsarbeit. Was ich mitbekommen habe ist das es viele Leute gibt die maximal Unzufrieden sind in ihrem Job. Und dieses Gefühl wird auch gerne ausgetauscht und es wird ein Haufen gemeckert, aber das sich untereinander geholfen wird, die Situation zu verbessern wird selten geleistet. Eher hocken alle in ihrem Beschwerdeloch und ziehen sich gegenseitig noch tiefer rein.
        Beispiel:
        Ein Freund hat bei einer Zeitarbeitsfirma gearbeitet. Diese versuchte regelmäßig ihren Angestellten verschiedene Leistungen zu unterschlagen wie z.B. das ihnen zustehender Urlaub bei Arbeitsunfähigkeit usw. . Die Forderung seitens des Arbeitnehmers wurden entmutigt durch lange Diskussionen und haltlose Drohungen. Der Kumpel blieb dran und konnte seinen bezahlten Urlaub nehmen…nach mehrstündigen Gesprächen über Telefon usw. Allerdings ermutigt er nicht seine Kollegen es ihm gleichzutun oder unterstützt sie. Er sagt er hatte genug Scherereien damit. Außerdem sagt er das diese Firmen sich eben die Blöden zunutze machen.
        Außerdem, so habe ich gehört, geht es wohl in vielen Gewerkschaften eher darum sich selbst Vorteile gegenüber den „normalen“ Angestellten zu verschaffen. Es wird sich praktisch an den Boss rangewanzt. Shake Hands und so.
        Ich kann darüber sonst nix sagen, habs noch nich erlebt. Durch eine selbstorganisierte Gewerkschaft könnte jedoch genug Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl sowie solidarisches Verhalten entstehen um solchen Entwicklungen entgegenzuwirken.

        Zu 3): Ich würde sagen meine Arbeit darf nicht zu eintönig sein und mit einem Sinn verbunden sein. Am besten man erschafft Resultate. Ich habe eine Zeit lang auf Baustellen gearbeitet und konnte dort während der Sanierungsarbeiten den Bewohnern oft helfen. Damit konnte ich die stressige Situation für sie mindern. Das ein oder andere Gespräch kam dabei auch Zustande. Ebenso mit den Anderen Bauarbeitern. So etwas schafft ein Klima der Zufriedenheit.
        Ein solches würde ich mir auch für sämtliche Arbeitsverhältnisse wünschen. Wenn man sich auf sein Gegenüber einlässt ist sowas auch möglich. Klar gibt es eben verschiedene Charaktere und manche passen ums Verrecken einfach nicht zusammen aber man muss sich nicht wegen jedem Scheiß gleich versuchen gegensietig fertig zu machen. Ich denke Menschen sind eher zur Selbstreflexion und auch zur Vergebung bereit wenn man ihnen den Raum dazu lässt und sie nicht in ständigen Wettbewerb stellt.

        Ich komme wahrscheinlich nicht wirklich aus den vagen Vorstellungen raus, dazu müsste ich mehr ins Detail gehen und dafür bin ich zu Schreibfaul. Außerdem müssen solche Gedanken erste reifen und vor allem in der Praxis mal angefasst werden.
        Momentan kann ich mich auf die Grundlagen verlegen:
        Unterstütze Andere wo du kannst.
        Lass zu das du auch selbst unterstützt wirst.
        Achte die Grenzen Anderer.
        Versuche aber auch diese zu erweitern.
        Schau auch mal auf deine Grenzen, ob diese nicht vielleicht zu eng gezogen sind.
        Bleib dynamisch…und logger.
        Gibt wahrscheinlich noch 10.000 Sachen mehr, aber manches ist auch ungesagt gültig.

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